Zurück zur Übersicht

Andere Länder, andere Sitten – das gilt auch für die Zähne

Nina von Allmen
AdobeStock
Zahnkulturen_1632xauto

In der westlichen Welt gehören strahlend weisse und akkurat ausgerichtete Zähne zum perfekten Lächeln. Ausserhalb unseres Kulturraums finden sich aber zahlreiche dentale Schönheitsideale, die mit unserem nur wenig gemeinsam haben.

Bereits in der römischen und griechischen Antike galt das strahlend weisse Gebiss als Schönheitsideal, jedenfalls für die höheren Gesellschaftsschichten. Dort half man mit technischen Mitteln nach oder bleichte sich die Zähne mit Urin. Im einfachen Volk hingegen wurden weisse Zähne verachtet. Sie symbolisierten Künstlichkeit und die Verfälschung der natürlichen Schönheit.
 
Schwarze, schiefe Zähne in Japan
Um Natürlichkeit geht es auch in Japan. Während bei uns weisse, gerade Zähne im Trend liegen, sind für japanische Frauen schiefe Zahnstellungen Schönheitsideal. Hervorstehende Eckzähne im Oberkiefer machen den sogenannten Yaeba-Look (dt.: «Doppelzahn») aus, der in Japan Jugend und Niedlichkeit verkörpert. Der Trend ist so ausgeprägt, dass inzwischen viele Japanerinnen mit Veneers nachhelfen oder künstliche Eckzähne auf ihre eigenen kleben.
 
Nicht nur zur Form, auch zur Farbe der Zähne herrschte in Japan lange Zeit eine ganz eigene Mode: Man färbte sich die Zähne schwarz. Dieses Schönheitsideal, Ohaguro genannt, war erst dem japanischen Hofadel vorbehalten, später auch unter Samurai verbreitet. Ab dem 18. Jahrhundert färbten mehrheitlich Frauen die Zähne schwarz, als Symbol für ihre Geschlechtsreife und ihre Treue zum Ehemann. Vereinzelt wurde der Trend noch bis ins 20. Jahrhundert beibehalten.
 
Von Zahnlücken und spitzen Zähnen
Ein relativ junges Forschungsfeld ist die Ethno-Zahnmedizin. Diese beschäftigt sich mit den Zähnen und der Mundgesundheit indigener Kulturen.
 
Das Entfernen von einem oder mehreren Zähnen ist ein in vielen indigenen Kulturen verbreitetes Übergangsritual vom Kindes- zum Erwachsenenalter. Um Teil der Gemeinschaft zu werden, lassen sich beispielsweise die jungen Angehörigen der Massai die oberen oder unteren Schneidezähne entfernen – ohne Betäubung oder Desinfektion. Diese Praxis ist in der Massai-Kultur so tief verankert, dass sie sogar deren Sprache beeinflusst hat: In der Maa-Sprache gibt es weder F- noch V-Laute, weil diese durch die Zahnlücke nicht produziert werden können.
 
Eine andere rituelle Zahndeformation ist das Zähnefeilen. Bei vietnamesischen und sudanesischen indigenen Völkern sowie in der Maya-Kultur wurden die Zähne zugespitzt und manchmal mit Mustern versehen, um den hohen Status einer Person zu markieren. In anderen Kulturen, beispielsweise bei den Wapare in Tansania, sollen zugespitzte Zähne bedrohlich wirken und an Raubtiere erinnern.
 
So unterschiedlich die zahnästhetischen Ideale in historischen und zeitgenössischen Kulturen sind, gibt es doch einen Konsens, der allen Praktiken zugrunde liegt: Zähne sind nicht einfach nur ein Körperteil. Sie gelten als Statussymbol, das nicht nur etwas über die Gesundheit, sondern auch über den sozialen Status einer Person aussagt.