ALLA PANORAMICA

Die Praxis in andere Hände übergeben

Andrea Renggli
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Zwei Frauen in einer Zahnarztpraxis

Die Übergabe der Zahnarztpraxis an einen Nachfolger ist mit einigen Herausforderungen verbunden. Es lohnt sich, diesen Schritt mit Weitsicht zu planen.

«Die meisten Zahnärztinnen und Zahnärzte finden einen passenden Nachfolger für ihre Praxis. Das braucht aber Zeit und auch etwas Glück», sagt Stefan Aregger. Er ist diplomierter Treuhandexperte sowie Partner und Mandatsleiter bei B+A Treuhand AG. In dieser Funktion begleitet er regelmässig Zahnärzte, die ihre Praxis verkaufen möchten. Mindestens zwei Jahre Zeit soll man sich geben, rät der Experte: «Einerseits müssen gewisse Fragen noch vor der Praxisaufgabe geregelt werden. Andererseits braucht auch ein potenzieller Nachfolger Zeit, um die Finanzierung zu planen und einen Businessplan zu erstellen. Deshalb ist ein Verkauf binnen wenigen Monaten oft gar nicht möglich.»

Was den Wert der Praxis beeinflusst

Am Anfang des Übergabeprozesses steht eine Praxisschätzung. Die SSO bietet ihren Mitgliedern diese Dienstleistung zu attraktiven Konditionen an (siehe Kasten). Die Schätzung berücksichtigt die Infrastruktur und den Goodwill – das ist der Wert des Patientenstamms, den der Nachfolger zusammen mit der Praxis übernimmt. Und dieser hängt von verschiedenen Faktoren wie dem Umsatz der letzten Jahre, dem Standort, der Patientenstruktur, der Auslastung oder dem Arbeitspensum des Inhabers ab. Zum Praxisstandort sagt Stefan Aregger: «Ein Ort ist nicht per se gut oder schlecht.» Eine Praxis auf dem Land könne gute Chancen bieten, wenn es in der Umgebung keine anderen Zahnärzte gibt. «Denn dieser Praxisinhaber wird immer genug Arbeit haben.» In der Stadt ist die Konkurrenz grösser, weshalb man dem Patientenstamm mehr Gewicht zuschreibt. Nicht zuletzt können auch aufstrebende Stadtquartiere oder Gemeinden in der Agglomeration sehr gute Zukunftsaussichten bieten im Hinblick auf das künftige Bevölkerungswachstum. Auch bei der Praxisgrösse gilt: Grösser ist nicht immer besser. «Es gibt durchaus kleine Praxen mit perfekter Performance, weil auch die Kosten tief sind», erklärt Stefan Aregger. Beim Arbeitspensum hingegen empfiehlt der Treuhänder, das Pensum in den letzten Jahren vor der Praxisübergabe nicht allzu stark zu reduzieren. Eine Praxis, die nur noch zwei Tage pro Woche geöffnet ist, ist für einen Käufer wenig interessant. Will ein Praxisinhaber sein Pensum reduzieren, stellt er besser einen Assistenten oder eine Assistentin an. Grosse Investitionen in die Praxiseinrichtung in den letzten Jahren vor dem Verkauf bergen Chancen und Risiken. Eine moderne Praxis ist zwar attraktiv, erhöht aber auch den Wert und dadurch kann eine Finanzierung für einen jungen Zahnarzt oder eine junge Zahnärztin entsprechend schwieriger werden. Allerdings sollte eine Praxis den aktuellen Hygieneanforderungen entsprechen.

Das eigene Netzwerk nutzen

Nach der Schätzung wird die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger konkret. Viele Praxen werden mit Inseraten ausgeschrieben. Manche Treuhandbüros führen auch eigene Datenbanken. Es lohne sich auf jeden Fall, selbst aktiv zu werden und das eigene Netzwerk zu nutzen, meint Stefan Aregger; zum Beispiel in der SSO-Sektion, im Study Club oder im privaten Umfeld. Eine gemeinsame Übergangszeit – nicht mehr als zwei Jahre, empfiehlt der Treuhänder – kann sinnvoll sein. Das erhöht die Chance, dass die Patienten der Praxis treu bleiben. Die enge Zusammenarbeit birgt aber auch die Gefahr aneinanderzugeraten. «Es ist menschlich, dass ein selbständiger Zahnarzt, der jahrzehntelang sein eigener Chef war, etwas Mühe mit der neuen Situation haben kann», so Aregger. Unlösbare Differenzen zwischen Inhaber und Nachfolgerin oder Nachfolger gebe es seiner Erfahrung nach jedoch selten. «Wichtig ist, so bald wie möglich das Gespräch miteinander zu suchen.»

Umwandlung in eine AG gut überlegen

Je nach Wohn- und Geschäftsort kann der Betrieb der Zahnarztpraxis in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft steuerlich vorteilhaft sein. Der Verkauf der Aktien ist für den Verkäufer steuerfrei. Deshalb planen manche Inhaber einer Einzelfirma kurz vor dem Verkauf, ihre Praxis in eine AG umzuwandeln. Die Umwandlung muss fünf Jahre vor dem Verkauf stattfinden. Dies ist die Sperrfrist, um die Aktien steuerfrei zu verkaufen. Stefan Aregger warnt: Die Suche nach einem Nachfolger wird nach der Umwandlung womöglich schwieriger. Denn eine junge Zahnärztin, ein junger Zahnarzt darf zur Finanzierung der eigenen Praxis Geld aus dem Vorsorgekapital beziehen – aber nur, wenn man sich selbständig macht. Für den Aktienkauf dürfen Vorsorgegelder aus Pensionskasse oder Säule 3a nicht verwendet werden. Bereits lange vor dem Verkauf sollte ein selbständiger Zahnarzt sich um seine Altersvorsorge kümmern. «Welche Strategie jemand für seine Altersvorsorge verfolgt, ist sehr individuell. Der Erlös aus dem Praxisverkauf sollte aber sicher nicht die einzige Vorsorge sein», betont Stefan Aregger. Man könne schliesslich nie wissen, ob tatsächlich der erhoffte Preis erzielt wird oder die Praxis überhaupt verkauft werden kann.

Was passiert mit dem Praxisteam?

Das angestellte Praxispersonal muss gemäss Obligationenrecht zu denselben Konditionen übernommen werden, die auch bei der Vorgängerin oder beim Vorgänger galten. Oftmals entspreche dies dem Wunsch des Käufers, erklärt Stefan Aregger. Denn die Mitarbeitenden haben teilweise eine jahrelange Beziehung zu den Patienten aufgebaut. Informiert wird das Team meist, wenn der Kaufvertrag unterschrieben ist

Transparenz lohnt sich

Stefan Aregger rät bei allen Schritten zur Transparenz: «Wir raten unseren Kundinnen und Kunden normalerweise vom Kauf einer Praxis ab, wenn der Verkäufer nicht Einsicht in alle nötigen Dokumente gewährt. Eine aktuelle Schätzung, die Umsatzstatistik, Arbeits- und Mietverträge sowie die wichtigsten Praxiskennzahlen müssen offengelegt werden.» Die Vorbereitung des Praxisverkaufs sei deshalb mit einigem Aufwand verbunden. «Es lohnt sich, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten».

 

Praxisschätzung: Ein Angebot für Mitglieder der SSO

Mitglieder der SSO können ihre Praxis zu attraktiven Konditionen schätzen lassen: Laden Sie das Formular auf der Website der SSO (Mitgliederbereich) herunter und schicken Sie es ausgefüllt per Post oder Mail an das Generalsekretariat SSO. Anschliessend wird die mit der Praxisschätzung betraute Person Kontakt aufnehmen, um einen Termin zu vereinbaren. Nur auf diesem Weg ist eine SSO-Praxisschätzung erhältlich.