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Wissen, wie man auf andere wirkt

Kommunikation SSO
Markus Gubler
Kommunikationstraining Balsiger

Der Kommunikationstrainer Mark Balsiger übte mit Kadermitgliedern der SSO den Auftritt in den Medien. Wie man sich auf einen Fernsehauftritt vorbereitet und wie man das Publikum erobert, erzählt er im Interview.

Mark Balsiger, in Ihren Kommunikationstrainings zeigen Sie den Teilnehmenden, wie sie vor Kamera und Mikrofon überzeugen. Wodurch zeichnet sich Auftrittskompetenz aus?

Ein guter Auftritt überzeugt erst, wenn auf allen drei Ausdrucksebenen, also verbal (Inhalt), paraverbal (Stimme) und nonverbal (Körpersprache), dieselben Signale kommen. Ebenso wichtig finde ich, dass man stets sich selbst bleibt. Ein gelungener Auftritt hat eine Dramaturgie, vorab sind Start und Schluss zentral. Man muss das Publikum früh erobern, mitnehmen und einbeziehen.

In Berufsverbänden ist die Skepsis gegenüber Journalisten verbreitet. Was entgegnen Sie?

Es gibt grosso modo drei Kategorien von Medienleuten: Kategorie A besteht aus denjenigen, die Wahrheit und Wahrhaftigkeit verpflichtet sind, sich gut vorbereiten und jeden Tag aufs Neue alles geben. In der Kategorie B befinden sich die weitgehend Ahnungslosen und im Thema X Überforderten. Es ist ein Jammer, dass es in den Redaktionen kaum mehr Dossierverantwortliche mit einem soliden Wissen gibt. In der kleinen Kategorie C sammeln sich Journalisten, die nicht abbilden, was ist, sondern Meinung machen oder eine knallige Story raushauen wollen. Das war jetzt erst die Einleitung, basierend auf 20 Jahren Erfahrung im regen Austausch mit Medienschaffenden… (lacht). Wer bei Berufsverbänden tätig ist, muss für die Medienarbeit viel Zeit investieren. Wenn man es mit Journalisten der Kategorie B zu tun hat, braucht es einen Know-how-Transfer, also bei jedem Kontakt zumindest ein längeres Vorgespräch.

Verbandskader werden oft als Experten um Stellungnahme gebeten. Worauf gilt es bei einem Statement zu achten?

Ein Statement muss eine in sich geschlossene Aussage sein, einfach verständlich, mit einem Beispiel illustriert oder bildhaft. Solche Botschaften kommen beim Publikum an und bleiben haften. Bei Radio und Fernsehen sollten Statements keinesfalls länger als 20 Sekunden sein, sonst werden sie gekürzt.

Wie bereitet man sich auf heikle und unangenehme Fragen vor?

Man muss die Antworten eins zu eins üben. Wenn Fehler gemacht wurden, spricht man diese besser proaktiv an. Irgendeinmal müssen wir es in der Schweiz schaffen, von der Null-Fehler-Kultur wegzukommen. 

Muss man sich je nach Medium – Radio, Fernsehen, Printmedien – anders auf ein Interview vorbereiten? 

Auf jeden Fall! Radio und Fernsehen verlangen praktisch immer Kürze. Es ist eine Herausforderung, einen komplexen Sachverhalt in 20 Sekunden zu erklären. Mein Tipp: Täglich zu zweit üben. Das braucht nicht viel Zeit und macht Spass. Nicht zuletzt gibt es Routine. Seit ich 2007 mein erstes Buch über politische Kommunikation veröffentlicht habe, gebe ich jedes Jahr mindestens 100 Interviews. Auf jedes bereite ich mich vor: Die Kernsätze nehme ich mit dem Handy auf und höre sie hernach ab. So weiss ich, ob sie funktionieren. Was ich in meinen Trainings empfehle, muss ich auch selbst vorleben. Bei Fernsehinterviews spielen Kleidung und Hintergrund eine Rolle, bei Print und Online muss geklärt sein, wie der Autorisierungsprozess abläuft. Was für alle Mediengattungen gilt: Ein Vorgespräch ist ein Must. 

Wie wichtig ist die nonverbale Kommunikation bei einem Auftritt vor der Kamera? 

Die Forschung zeigt, dass das, was wir sehen, viel stärker wirkt, als das, was wir hören. Der ehemalige US-Präsident Ronald Reagan (1980–1988), ein ausgebildeter Schauspieler, hat wichtige Auftritte und Ansprachen minutiös geübt. Keine Zäsur, keine Handbewegung war zufällig, er wusste um die Suggestivkraft des Bildes. Diese Fähigkeiten und seine tiefe Stimme machten ihn zum «The Great Communicator». Niemand reicht Reagan das Wasser, aber man sollte wissen, wie man wirkt.

Eine Kaderperson aus einem Verband wird zu einem Fernsehinterview eingeladen. Welche Checkliste würden Sie ihr mitgeben?

Zunächst muss man abklären, um welche Sendung es geht. Handelt es sich um ein Newsgefäss, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass bloss zwei Statements à maximal 20 Sekunden verwendet werden. Umso wichtiger ist es in einem solchen Fall, nicht ein Dutzend Fragen zu beantworten, sondern in Absprache mit dem Fernsehteam die allerwichtigsten Punkte herauszuschälen und nur über diese zu sprechen. Wie beim Tauchen ist es essenziell, schon bei der Vorbereitung und dann während des Interviews einen «Buddy» dabei zu haben. Dieser ist zuerst Sparringpartner, dann aufmerksamer Zuhörer und Zuschauer. Ist beispielsweise eine Antwort fahrig, interveniert er während des Interviews – so kann man sofort korrigieren.