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Eine kurze Geschichte des Lächelns

Nina von Allmen
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Lächeln wirkt sympathisch, höflich und ist in den meisten Situationen gern gesehen. Und auch für die Psyche ist Lächeln förderlich. Dass diese Form der Mimik heute so positiv gewertet wird, ist aber nicht selbstverständlich, sondern zahlreichen kulturhistorischen Entwicklungen zu verdanken. Diese Entwicklungen wurden nicht zuletzt durch Fortschritte in der Zahnmedizin begünstigt.

Für Aristoteles, einer der bekanntesten Philosophen der Antike, ist Lachen eine wichtige Grundlage des Menschseins. Im Unterschied zu Tieren, sagt er, sei der Mensch ein zum Lachen fähiges Wesen.

Die Grenzen des Homo ridens
Diese Ansicht findet ihre Grenzen bereits in Aristoteles’ zeitgenössischer Kultur. Denn im antiken Griechenland ist Lachen ein stark eingeschränkter Gesichtsausdruck. Als ästhetisch gilt lediglich ein Lächeln, das die oberen Zahnreihen zeigt. Noch edler ist der geschlossene Mund. Lächeln dient nicht nur dem Gefühlsausdruck, sondern widerspiegelt in erster Linie den sozialen Status einer Person. Nur das einfache Volk lacht frei heraus und entblösst dabei beide Zahnreihen – oder das, was davon noch übrig ist.

Im antiken Rom und Griechenland wurde die Wichtigkeit der Zahnhygiene erkannt. Fortschritte in der Medizin brachten neue Werkzeuge wie die Zahnzange oder Zahnprothesen hervor, so wie Kaupasten zur Zahnreinigung. Trotzdem kam es häufig zu Zahnerkrankungen und -fehlstellungen. Ein geschlossener Mund half also auch dabei, sich vor Spott zu schützen und so die eigene Würde zu wahren.

Teufelszähne
Das Lächeln gelangte im 13. Jahrhundert in die abendländische Kultur. Zähne wurden aber auch hier nicht gerne gesehen, sie wurden gar mit dem Teufel in Verbindung gebracht. Diese alle Lebensbereiche umfassende Symbolik zeigt sich heute noch, beispielsweise im Namen der Schweizer Bergkette «Les Diablerets», zu deutsch: Teufelszähne. 

Kulturelles Umdenken
1787 markiert die Geburtsstunde des modernen abendländischen Lächelns. In diesem Jahr wurde zum ersten Mal ein Porträt im Pariser Louvre ausgestellt, das eine lächelnde Frau, Élisabeth Louise Vigée Le Brun, zeigte. Die Kunstwelt war entsetzt. 

Dieses Porträt markiert einen gesellschaftlichen Wandel, der dem Lächeln einen neuen, positiven Stellenwert einräumte. Plötzlich wurde es in der französischen Oberschicht nicht nur üblich, sondern wünschenswert, echte Gefühle zu zeigen. Nicht zuletzt wurde diese Entwicklung durch neue Massnahmen und Fortschritte in der Zahnmedizin begünstigt. 

Lächeln lohnt sich
Ab dem 20. Jahrhundert wurde das Lächeln schliesslich weltweit vermarktet. Auslöser diesmal war die Professionalisierung der Zahnmedizin in den USA, die das strahlend weisse Lächeln mit neuen Techniken und Möglichkeiten zum Trend machte.

In der westlichen Kultur gehört Lächeln mittlerweile zum Alltag. Ein Lächeln wirkt positiv – nicht nur auf die Stimmung unseres Gegenübers, sondern auch auf die eigene. Dabei spielt es für das Gehirn keine Rolle, ob das Lächeln «echt» ist, also spezifische Gesichtsmuskeln beansprucht, oder nur aufgesetzt ist. Es ist also durchaus lohnenswert, im Alltag trotz Stress und Verpflichtungen einen positiven Gesichtsausdruck zu wahren.