Wie Influencer ungesundes Essen vermarkten

Regula Sandi, Bulletin SZPI
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Junkfood

Der «Junkfluencer-Report» der Verbraucherorganisation Foodwatch zeigt auf, wie Social-Media-Stars Kindern und Jugendlichen ungesunde Lebensmittel schmackhaft machen. Die Hersteller setzen auf Influencer, um ihre Werbebotschaften direkt bei der jungen Zielgruppe zu platzieren. Mit ihren Posts erreichen die Online-Stars auf Instagram, Tik Tok, Youtube und Co. ein Millionenpublikum.

Zu süss, zu salzig, zu fettig: Viele Lebensmittel, deren Werbung sich gezielt an Kinder und Jugendliche richtet, sind ungesund. Längst umgarnt die Lebensmittelindustrie ihre zukünftigen Kunden nicht mehr nur via TV-Spots, Printanzeigen oder mit lustigen Comic-Helden auf Verpackungen. Die deutsche Verbraucherorganisation Foodwatch dokumentiert im jüngst erschienenen «Junkfluencer-Report», wie Hersteller von Süssigkeiten, Softdrinks, Snacks und Fertigprodukten junge Menschen auf Social Media für ihre Erzeugnisse begeistern.

Dazu hat sie im Jahr 2020 über einen Zeitraum von mehreren Wochen tausende Posts, Stories und Videos bekannter Social-Media-Stars analysiert. Unternehmen machen sich die Popularität von jungen Influencern zu Nutze und lassen sie via Social-Media-Posts ihre Produkte bewerben, kritisiert die Organisation. Die persönlichen Empfehlungen für unausgewogene süsse, salzige und fetthaltige Speisen und Getränke landen so direkt bei den jungen Menschen auf dem Handy-Screen in deren Social-Media-Stream, wo auch ihre Freunde Updates posten – eine Werbeform, die ihre Wirkung nicht verfehlt. Die Unternehmen profitieren von der Strahlkraft und der hohen Glaubwürdigkeit, welche die Influencer bei ihren Followern geniessen. Studien zeigen: Die Produktempfehlungen sind mit Kaufempfehlungen aus dem nahen Freundes- und Bekanntenkreis der Kinder und Jugendlichen vergleichbar. Was die Influencer tun, wird gesehen. Nicht selten erreichen sie mit ihren Posts ein Millionenpublikum.

Junkfluencer
Grosse Strahlkraft: Die Social-Media-Stars geniessen bei ihrem Publikum eine sehr hohe Glaubwürdigkeit. (Quelle: Instagram / viktoriavs)

Neben der grossen Reichweite und Glaubwürdigkeit nennen die Autoren des Reports eine Reihe weiterer Vorteile, insbesondere gegenüber der bislang dominierenden TV-Werbung, welche Influencer-Kampagnen für Werbetreibende attraktiv machen: Influencer-Marketing ist im Vergleich zu aufwändig produzierten TV-Spots deutlich günstiger und die gewünschte Zielgruppe lässt sich viel genauer adressieren, als bei anderen Medien. Die über Influencer transportierten Werbebotschaften können zudem mehr Wirkung entfalten, da sie nicht wie TV-Spots lediglich passiv konsumiert werden, sondern oft eine aktive und bewusste Auseinandersetzung mit den Posts stattfindet.

Gut getarnte Aufforderung zum Kauf

Die Interaktion der Kinder und Jugendlichen mit den Posts in deren «privaten» Social-Media-Accounts birgt gleichzeitig auch die grösste Gefahr. Die vermeintliche Privatheit und das Befreundetsein mit den Online-Stars suggeriert Nähe und Vertrautheit, die Werbebotschaft wird kaum kritisch hinterfragt, geben Fachleute zu bedenken. Die Influencer üben auf subtile Art und Weise Einfluss aus. Was zum Beispiel Youtube-Stars in ihren Videos tun, hat nicht selten grosse Relevanz für das tägliche Leben der Kinder und Jugendlichen. Dass hinter der als Ratschlag getarnten Empfehlung für ein Produkt in Wirklichkeit handfeste kommerzielle Interessen stecken, ist oft nicht klar ersichtlich und vielen Kindern und Jugendlichen nicht bewusst. Auch können Eltern beim Social-Media-Konsum ihrer Kinder naturgemäss weniger Kontrolle ausüben, als beispielsweise bei der Auswahl des Fernsehprogramms, hält Foodwatch fest.

Die uns umgebende Lebenswelt beeinflusst, wie und was wir essen. An Kinder gerichtete Werbung für ungeeignete Speisen trägt erwiesenermassen zu einer ungesunden Ernährungsweise bei. Dies hat auch Auswirkungen auf das spätere Leben. Die Ernährungsgewohnheiten, die wir in der Kindheit lernen, beeinflussen massgeblich unser Verhalten (und die Gesundheit) als Erwachsene. Wer bereits als Kind übergewichtig ist, trägt ein deutlich höheres Risiko, auch als Erwachsener zu viele Kilos auf die Waage zu bringen. Gemäss dem Nationalen Gesundheitsbericht 2020 des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) sind rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in der Schweiz adipös. Adipositas ist nach wie vor eine der häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter.

In der Schweiz setzt man auf Freiwilligkeit

Die Unternehmen «sabotieren die Bemühungen vieler Eltern, ihre Kinder für eine gesunde Ernährung zu sensibilisieren», kritisiert Foodwatch und fordert eine gesetzliche Beschränkung des Kindermarketings gemäss der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In der Schweiz setzt man auf das freiwillige Engagement der Lebensmittelindustrie, um an Kinder gerichtete Werbung für süsse, salzige, fettige oder zu energiereiche Lebensmittel zu reduzieren. Gemäss Website des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) verpflichten sich hierzulande Lebensmittel- und Getränkehersteller sowie Gastronomiebetriebe seit 2010 mit der freiwilligen Initiative Swiss Pledge, die Art und Weise ihrer Werbung an Kinder unter 12 Jahren zu verändern.