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Senioren in der Zahnarztpraxis – ein Leitfaden

Sabrina Steinmeier
Zähneputzen im Alter

Der Anteil älterer Menschen in der Schweiz wächst. Um die zahnmedizinische Versorgung dieser Bevölkerungsgruppe abdecken zu können, ist es wichtig, sich mit den Bedürfnissen und Ängsten älterer Menschen auseinanderzusetzen. Oftmals kann der Weg in die Zahnarztpraxis durch Barrieren erschwert sein, welche für jüngere Patienten, sowie den Zahnarzt selbst, nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.

Wie gelangt der Patient in die Praxis? Um ältere Menschen auf eine Praxis aufmerksam zu machen, braucht es eine adäquate Form der Bekanntmachung. Während jüngere Patienten oftmals auf das Internet zurückgreifen, verlassen sich ältere Personen auf ganz andere Informationsquellen wie beispielsweise ein Telefonbuch oder Angaben in gedruckten Zeitungen. Die Schriftgrösse ist hier ebenfalls wesentlich, damit auch Personen mit einem eingeschränkten Sehvermögen im Stande sind, relevante Informationen entziffern zu können.

Beim persönlichen Kontakt für die Terminver- gabe sind einige Punkte zu beachten: Terminabsprachen, sowie Zusatzinformationen wie zum Beispiel Adresse oder Parkmöglichkeiten, sollten, wenn möglich, zusätzlich per Post verschickt werden. Danach ist es wichtig, sich zu überlegen, wie ältere Menschen in die Praxis gelangen. Reisen sie mit einem Auto an, ist es bestimmt hilfreich, wenn genügend breite Parkplätze, bzw. Behindertenparkplätze in unmittelbarer Nähe vorhanden sind. Da aber auch häufig auf Fahrdienste zurückgegriffen wird, ist eine nahegelegene Halte- und Ausstiegsmöglichkeit von Vorteil. Ein Praxisschild mit ausreichend grosser Schrift hilft beim Erkennen des Eingangsbereiches.

Der eigentliche Zugang zur Praxis sollte möglichst barrierefrei sein. Das heisst, der Patient sollte die Praxis ohne Treppenstufen erreichen können. Falls einzelne Stufen vorhanden sind, ist es ratsam, diese optisch zu kennzeichnen. Auch ein Treppengeländer, wenn möglich beidseits, trägt dazu bei, dass sich der betagte Patient sicherer fühlt. Ein Treppenlift kann allenfalls hilfreich sein. Gibt es einen Fahrstuhl, sollte dieser für Patienten, die nicht über längere Zeit stehen können, eine Sitzgelegenheit bieten. Türen sollten leicht zu öffnen, sprich nicht zu schwer sein und zudem eine ausreichende Breite aufweisen. Geschultes Personal kann den Patienten auch bereits draussen empfangen und in die Praxis hineinbegleiten.

Was bei der Kommunikation zu beachten ist

Für den Zahnarzt und das ganze Praxisteam ist ein bedürfnisgerechter und professioneller Umgang mit älteren Patienten essentiell. Dies setzt eine vorgängige Schulung voraus. Hierzu gehört etwa das Wissen, dass eine langsame und deutliche Aussprache in angemessener Lautstärke wichtig ist. Stetiger Blickkontakt gibt dem Patienten die Möglichkeit, auch bei vermindertem Hörvermögen dem Gespräch folgen zu können und notfalls von den Lippen zu lesen. Kurze Sätze erleichtern die Kommunikation. Es sollte zudem gengend Zeit einberechnet werden, da ältere Menschen eventuell länger brauchen, um das Gesagte zu verarbeiten und häufiger nachfragen müssen.

Ausstattung der Praxis

Da das Sehvermögen bei vielen älteren Patienten eingeschränkt ist, ist eine gute Beleuchtung wichtig. Kontrastreiche Markierungen für Türen, Wände und Böden vermeiden Gangunsicherheit und Stürze. Insbesondere bei Raumübergängen sollten diese visuellen Hilfsmittel nicht fehlen. Auch sind genügend Sitzmöglichkeiten unerlässlich – kipp-stabil und vorzugsweise mit Armlehnen versehen. Für allfällige Gehhilfen sollte Platz geschaffen und bei Gangunterlagen auf deren Rutschfestigkeit geachtet werden. Die Rezeption bietet optimalerweise eine Ablage für Taschen und das Empfangspersonal sollte auf Anhieb gut sichtbar sein. Falls eine Behandlung auf dem Behandlungsstuhl nicht möglich ist, ist es von Vorteil, wenn genügend Platz vorhanden ist, so dass beispielsweise ein Rollstuhl neben den eigentlichen Behandlungsstuhl gestellt werden kann.

Über Behandlung informieren

Vorgängige Informationen bezüglich des Behandlungsablaufes sind insbesondere für ältere Menschen hilfreich. Der Zahnarzt sollte die Dauer der Behandlung, deren Ablauf und Ziel erläutern. Ebenfalls sollte der Patient auf die Möglichkeit für Toilettengänge zwischen den einzelnen Behandlungsschritten hingewiesen werden. Für den Komfort während der Behandlung können verschiedene Kissen helfen. Da sich der Schluckreflex mit dem Alter verändert, ist auch stets auf eine optimale Absaugung zu achten.

Was wird behandelt?

Es ist wichtig, mit dem Patienten die Frage der Notwendigkeit einer Behandlung zu klären. Insbesondere im Alter driften der vom Zahnarzt festgestellte, objektive Behandlungsbedarf und der subjektive (gefühlte) Behandlungsbedarf des Patienten auseinander. Ästhetische Ansprüche können zugunsten vonfunktionalen Aspekten in den Hintergrund treten. Auch die Kosten müssen vorgängig besprochen werden, um eine passgenaue Lösung zu finden, die sowohl für den Zahnarzt als auch für den Patienten zufriedenstellend ist. Allzu umfangreiche zahnmedizinische Sanierungen können gerade für ältere Personen mit vielen Umstellungen verbunden sein. Einerseits muss die Nachsorge, beziehungsweise die Reinigung handhabbar sein, was eine gewisse manuelle Fertigkeit des Patienten voraussetzt. Andererseits sollten beispielsweise Prothesen auch von der Form her so gestaltet sein, dass sie eine einfache Reinigung zulassen. Falls dies nicht möglich ist, ist zu überlegen, wer in die Pflege involviert ist und wer diese Person instruiert. Der Patient sollte aber auch im Stande sein, sich psychisch an eine Umstellung zu gewöhnen. Handelt es sich zum Beispiel um eine neue, abnehmbare Lösung, muss vorgängig die Adaptionsfähigkeit eingeschätzt werden.